„Am schlimmsten gescheitert bin ich bei einem Wiener Schnitzel“

Tim Mälzer ist den meisten Österreichern vor allem in seiner Rolle als Gastgeber des TV-Koch-Duells „Kitchen Impossible“ bekannt. Anlässlich der Präsentation seines neuen Kochbuches „Vierundzwanzigsieben kochen“ gab der deutsche Starkoch GASTRO ein Exklusiv-Interview zu seinen Höhen und Tiefen bei „Kitchen Impossible“, über die neue Lust am Kochen und den Trend zu veganer Ernährung.

GASTRO: Hr. Mälzer, was war das ausgefallenste Gericht, das Sie je bei „Kitchen Impossible“ zubereiten mussten und bei welchem Gericht sind Sie am schlimmsten gescheitert?
Das wohl außergewöhnlichste Gericht, das ich zubereiten musste, war eine Art Pulpo-Blumentapete im Gourmetrestaurant Mugaritz bei San Sebastián. Unfassbar schön anzuschauen, aber relativ komplex in der Zubereitung. Das Gericht wiederum, an dem ich am meisten gescheitert bin, ist in der Tat ein Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat – zusammen mit Tim Raue übrigens, daran bin ich nicht allein verzweifelt und gescheitert. Als dann gab es noch eine Pasta mit Tomatensoße in Italien. Das Rezept stammte von einer über 90-jährigen Dame, die das Gericht seit über 70 Jahren jeden Sonntag für ihre Familie gekocht hat. Das habe ich richtig schön vermasselt (lacht).

Sind die Kommentare der Gastgeber- Köche vor Ort und der Jury jeweils komplett authentisch?
Das ist eine Frage, die ich gerne beantworten würde, aber nicht beantworten kann. Ich kann das ja gar nicht genau wissen. Auf jeden Fall ist das, was die Gastköche sagen, ihnen nicht von uns in den Mund gelegt.

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Gibt es einen oder mehrere Köche, die Sie noch auf Ihrer To-do-Liste als Gegner bei Kitchen Impossible haben, die aber bis jetzt keine Zeit oder Lust hatten?
Absolut – ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn Eckart Witzigmann mitmachen würde. Weniger als Wettbewerb zwar, denn da weiß ich, wo mein Platz im Vergleich mit ihm ist. Aber wenn er dabei wäre, wäre das nochmal der absolute Adelsschlag. Es würde Eckart außerdem nochmal eine gebührende Bühne bieten, um auch in der neuen Generation seine Präsenz zu bekommen. Denn sind wir mal ehrlich: Ohne ihn, wären wir anderen Köchinnen und Köche alle nichts. Und Jamie Oliver, den fände ich auch spannend. – Aber auch eher freundschaftlich betrachtet und aus dem einfachen Grund, weil ich wahnsinnig viel von ihm habe, er vielleicht auch ein bisschen was von mir und zumindest meine Entwicklung auch von ihm beeinflusst wurde. Und ich würde gerne einmal gegen mich antreten. Denn das Format zielt ja darauf ab, mich zu besiegen. Und ich halte mich ja schon auch oft für das Maß aller Dinge. Also denke ich: Wenn es jemanden gibt, den ich schlagen muss, bin ich das wohl selbst. Dann sehe ich vielleicht auch, ob ich wirklich so ein komischer Kauz bin. (lacht)

Neben Kitchen Impossible betreiben Sie auch noch Ihr Lokal in Hamburg – die Bullerei. Stehen Sie dort hin und wieder auch noch selbst in der Küche oder sehen Sie sich da eher als Manager?
Ich sehe mich in erster Linie als Gastronom und Gastgeber und versuche, die unterschiedlichen Projekte mit der jeweiligen Emotionalität zu versehen. In einem Gastrobetrieb spielt sich einfach unfassbar viel im Hintergrund ab. Was die Küche betrifft, würde ich mich eher wie eine Art Coach verstehen.

Last but not least finden Sie daneben auch noch Zeit für Kochbücher, wie das aktuell erschienene „Vierundzwanzigsieben kochen“. Wer ist hier die Zielgruppe? Normalbürger mit Spaß am Kochen aber ohne Profigeräte und -Erfahrung?
Grundsätzlich mache ich alle meine Kochbücher eher für den normalen Haushalt und weniger für professionelle Kollegen. Meine Kochbücher sollen kein Gesetzbuch zum Kochen sein, sondern eine Inspirations- und Motivationshilfe für die eigene Küche. Da geht es weniger um Kochkunst, sondern viel mehr um Emotionen. Und deshalb ja: „Vierundzwanzigsieben kochen“ ist für den grundsätzlich kochinteressierten Menschen, der versucht Fragen beantwortet zu bekommen, die er sich vielleicht noch gar nicht gestellt hat.

Viele Gerichte daraus sind Klassiker wie Cheese-Sandwich oder Shakshuka. Gibt es auch von Tim Mälzer entwickelte Rezepte und servieren Sie manche Speisen aus dem Buch auch in Ihrem Lokal?
In „Vierundzwanzigsieben kochen“ sind viele Rezepte dadurch motiviert, dass ich sie auch in meinem Lokal serviere – allerdings in einer anderen Variante. Denn ich versuche die Rezepte so zu gestalten, dass man sie zuhause nachkochen kann. Dabei geht es nicht darum, professionelle Rezepte eines Restaurants in einen Haushalt zu transportieren, sondern eine Inspiration dafür zu geben, dass man die Geschmäcker auch zuhause herstellen kann. Und das mit ganz einfachen Mitteln.

Tim Mälzer: „Ich sehe mich in erster Linie als Gastronom und Gastgeber.“
Tim Mälzer: „Ich sehe mich in erster Linie als Gastronom und Gastgeber.“

Sehen Sie in Deutschland und Österreich wieder eine neue Lust am Kochen? Auch weil Restaurantbesuche vielleicht für immer mehr Menschen zu teuer werden und weil die Leute in den Corona-Lockdown-Zeiten brachliegende Kochtalente neu entdecken mussten?
Das kann ich gar nicht so leicht beantworten. Ich weiß nicht, ob es eine neue Lust ist. Ich habe nämlich das Gefühl, dass wir schon seit 20 Jahren von dieser neuen Lust reden. Erst wurde von Cocooning gesprochen, dann war Corona der Grund dafür. Wir sprechen immer wieder von so vielen neuen Einflüssen, aber ich glaube einfach, dass zuhause kochen ein ganz natürlicher Bestandteil des Alltages ist – und immer sein wird. Und dabei gibt es eine Gruppe, die sich mehr dafür interessiert und eine Gruppe, die sich weniger dafür begeistern kann. Ich habe zwar dazu noch nie eine empirische Erhebung durchgeführt, aber ich denke schon, dass das Event Kochen eine große Bedeutung hat. Durch das alltägliche Kochen bekommen wir auch eine gewisse Kontrolle über das, was wir essen – preislich und inhaltlich. Außerdem kann man Kochen sehr flexibel gestalten.

Was halten Sie vom aktuellen Trend zu vegetarischer/veganer Ernährung? Ist das nur ein kurzfristiger Hype oder wird sich das weiter durchsetzen? Und könnten Sie sich selbst eine fleischlose Ernährung auf Dauer vorstellen?
Die Welt hat sich im Grunde bis vor 100 Jahren schon größtenteils vegetarisch oder vegan ernährt. Es ist nicht jeden Tag oder gar selten Fleisch auf den Tisch gekommen. Ich glaube nur, dass es früher nicht vegan oder vegetarisch hieß.
Anstatt von Fleisch haben die Menschen in erster Linie Kartoffeln gegessen oder auch Kohl, Linsen, Reis, Pasta, Pizza – die Liste ist lang. Das sind im Kern alles vegetarische oder vegane Lebensmittel und Speisen, ohne dass sie als solche benannt wurden.
Ich denke, dass es mit der heutigen Versorgungsproblematik die einzig intelligente Entscheidung ist, sich mit vegetarischer oder veganer Ernährung auseinanderzusetzen. Wir werden bald 11 Milliarden Menschen sein und wir werden nicht maßlos weiter Kühe, Rinder, Schweine oder auch Hühner züchten können. Wir sind in meinen Augen dazu gezwungen, uns mit unserer Ernährung auseinanderzusetzen. Aber lustvoll sollte es sein und nicht so ein Betroffenheitsding.

Sind Sie selbst ein Alles-Esser oder gibt es Gerichte/Zutaten, bei denen Sie w.o. geben?
Grundsätzlich esse ich alles. Ich kann gerade nichts nennen, was bei mir partout nicht auf den Teller kommt.

Zum Buch Vierundzwanzigsieben kochen

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