Ein Baumhaus für große Kinder


Die Reitbauers am Pogusch sorgen auch nach gut 25 Jahren noch immer für Überraschungen: Neuestes Angebot für Übernachtungsgäste sind vier Baumhäuser.


Die meisten Kinder träumen davon, einmal in einem echten Baumhaus zu übernachten. Diesen Wunsch kann man sich zumindest als Erwachsener neuerdings im Wirtshaus Steirereck am steirischen Pogusch erfüllen, wo die Betreiberfamilie Reitbauer neben Zimmern rund um einen alten Stall, zwei klassischen Berghütten und vier eigenständigen „Vogelhäusern“ seit Ende des diesjährigen Lockdowns im Mai mit einem weiteren ungewöhnlichen Konzept aufwartet: vier im Wald gelegenen, komplett aus Holz gefertigten Baumhäusern.

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Entstanden ist die Idee von einem jungen Architekten aus Salzburg, Chris Precht, und seinem Partner Rudi Obauer. Und wen es jetzt bei der Kombination aus „Rudi Obauer“ und „Salzburg“ reißt, der befindet sich schon auf der richtigen Spur, handelt es sich dabei doch um den Sohn des Werfener Spitzengastronomen gleichen Namens – woraus sich auch der Kontakt zu Birgit Reitbauer erklärt: Man kennt sich eben in der Branche. Precht hat jahrelang in Shanghai für ein internationales Architekturbüro gearbeitet und wer in einer asiatischen Metropole baut, weiß, dass Gebäude aus Platzmangel immer nur in die Höhe gehen können. Und dieser Ansatz, dass du im Prinzip nur wenige Quadratmeter Fläche für ein ganzes Haus brauchst, wurde eben für den heimischen Wald adaptiert.

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Vom Mitarbeiter- zum Gästequartier

Ursprünglich war Birgit Reitbauer, die nach dem altersbedingten Rückzug ihrer Schwiegereltern auch in der steirischen Dependance gefordert ist, ja auf der Suche nach einer kreativen Lösung für eine Mitarbeiterunterkunft: „Wir suchen ständig neue Mitarbeiter und klar muss man bei der Location auch eine Übernachtungsmöglichkeit oder einfach einen Rückzugsraum anbieten. Also warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden und solche Baumhäuser für die Mitarbeiter hinstellen?“ Dachte sie sich. Doch die Rechnung wurde ohne die Behörden in Graz gemacht. Um es kurz zu machen: Der ablehnende Bescheid für diese ungewöhnliche Bauweise war eine klassische österreichische Mischung aus „geht nicht, wurde noch nie so gemacht, da könnte ja jeder kommen“. Schon überhaupt als Mitarbeiterbehausung. Allerdings eine Einreichung für touristische Nutzung könnte die Lage ändern. Gesagt, getan, mit Hilfe der Gemeinde wurde das Projekt letztlich durchgedrückt. „Aber es ist schon frustrierend“, wie Reitbauer erklärt. „Du suchst händeringend nach Personal, willst denen auch was Gutes tun und von den Behörden kommt ein ‚njet‘. Aber gut, so haben wir wenigstens neue, ziemlich einzigartige Unterkünfte für unsere Gäste“, freut sie sich trotzdem. Der Aufbau war dank der modularen Bauweise auch keine langwierige Angelegenheit. Die einzelnen Module werden vorab gefertigt, mit Lkw an den Bestimmungsort gebracht und dort mehr oder weniger nur noch zusammengesteckt. Danach kann schon die Inneneinrichtung mit Badezimmer, WC, Wohn- und Schlafraum startet. Die Architektur sei eben einzigartig, durch die Vollholzbauweise ergebe sich außerdem ein sehr angenehmes Raumklima, wie Birgit Reitbauer erklärt.

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Wer zum Waldmenschen auf Zeit mutieren möchte, dem kann neuerdings am steirischen Pogusch geholfen werden. Fotos: Christian Flatscher

Neues Zweit-Konzept im Wirtshaus

Die Entstehungskosten liegen jeweils im Bereich von rund 300.000 Euro. Am Pogusch werden zwei verschiedene Größen angeboten: ein kleineres Haus, zweistöckig mit einem Schlafzimmer und drei etwas größere, dreistöckig mit einem Schlafzimmer und einem separaten Einzelbett. Pro Nacht werden sie um 348 bzw. 398 Euro vermietet. Ok, die Häuser sind nichts für Gehbehinderte. Erwartungsgemäß liegt jedes Zimmer auf einer anderen Ebene, was ein eher jüngeres Publikum anspricht. „Aber wir müssen immer wieder schauen, dass wir eine neue Klientel ansprechen, so toll unsere sonstigen (Stamm-)Gäste auch sind“, weiß die Chefin. Gleichzeitig könnte diese neue Klientel vielleicht auch das neue Zweit-Gastrokonzept im Wirtshaus ansprechen. Denn neben dem normalen Gästebereich mit der gewohnten Speisekarte gibt es jetzt auch einen langen Gemeinschaftstisch neben einer offenen „Schankkuchl“ genannten Schauküche, in der hauptsächlich mit (offenem) Holzfeuer gearbeitet wird und wo sich kleine bis große kreative Gerichte samt Weinbegleitung genießen lassen. Mutige bestellen dabei die Speisenfolge „Let it flow“ und lassen sich einfach überraschen, was dem Küchenteam so alles einfällt. Aber zurück zu den Baumhäusern: Die Reaktionen der Gäste sind laut Reitbauer großartig, über den Sommer hatte man eine stolze Auslastung von 100 Prozent – sogar an den Tagen, an denen das Wirtshaus geschlossen ist. „Da laden wir die Gäste dann auf ein Abendessen bei einem der Kollegen in der Umgebung ein und damit funktioniert die Nachfrage auch an den Tagen“, so Reitbauer. Das Interesse an den neuen Behausungen habe allerdings auch seine Schattenseiten: Das Abschließen der Eingangstüren sei Pflicht, weil man sonst ständig wildfremde Spaziergänger im Haus stehen habe. Die Leute hätten „echt keinen Genierer“. Anfangs sei der Wanderweg quasi direkt an den Häusern vorbeigegangen – da war es ganz übel. Jetzt habe man den Weg ein Stück verlegt und diese räumliche Distanz mache sich schon positiv bemerkbar. Aber das Problem ist ja nicht neu: Über mangelndes Publikumsinteresse musste man sich am Pogusch noch kaum je den Kopf zerbrechen und überhaupt waren ungewöhnliche Angebote hier von Anfang an immer Teil des Konzeptes. www.baumbau.at www.steirereck.at/pogusch/

Aus der GASTRO 10/21
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