Tradition auf dem Teller

Die Küche osteuropäischer Länder zeichnet sich vor allem durch eine gewisse Bodenständigkeit aus – und sie hat auch die österreichische Kulinarik stark geprägt.

Tradition auf dem Teller - Ethnofood - ethno foodHerr Ober, bitte zuerst eine Gulaschsuppe, danach einen Schweinsbraten und zum Abschluss einen Apfelstrudel.“ Was wie die typischste aller österreichischen Speisefolgen klingt, ist in Wirklichkeit ein Abriss typischer Speisen der ehemaligen Kronländer, die natürlich über die Jahrhunderte unsere Küche beeinflusst haben. Grund genug also, den Geheimnissen der osteuropäischen Küche ein wenig auf den Grund zu gehen.

Ohne Paprika geht nichts

Beginnen wir in Ungarn: Wie die meisten Ost-Küchen ist auch die Küche Ungarns u.a. durch Jahrzehnte des Kommunismus geprägt, der keine Überflussgesellschaft und wenig Raffinesse zuließ. Gefragt waren eher deftige Gerichte mit lokalen Zutaten. Den Quantensprung, den etwa Österreich kulinarisch in den 1980ern (u.a. durch das Manifest der „Neuen Wiener Küche“ durch Protagonisten wie Rudi Kellner, Werner Matt oder Heinz Reitbauer sen.) durchmachte, verschliefen diese Länder zwangsweise. Trotzdem verdankt die Welt Ungarn Klassiker wie eben das Gulasch, das in Ungarn „Gulyás“ geschrieben wird, dort aber unsere Gulaschsuppe bezeichnet.

Werbung

Unser Gulasch entspricht am ehesten einem „Pörkölt“ und wird in Ungarn nicht bloß wie hierzulande mit Kalb oder Rind zubereitet, sondern mit allen möglichen Zutaten wie Wild, Schwein, Geflügel oder auch Fisch. Wichtigste Zutat dabei neben dem Fleisch natürlich der ungarische Paprika, der auch in anderen traditionellen Gerichten eine wichtige Rolle spielt, wie etwa beim Paprikahuhn, Paprikasch (ein dem Gulasch ähnliches Eintopfgericht), Letscho oder der traditionellen Fischsuppe Halászlé.

Beliebte Desserts sind danach diverse Strudel (wie der eingangs schon erwähnte Apfelstrudel) oder Torten (z. B. Esterházy- oder Dobostorte), die legendären Schomlauer Nockerln (Biskuitstücke mit Rum, Rosinen, Schokosoße, Nüssen und Schlagobers) oder Palatschinken. Ausnahme: Wer Hortobágyer Palatschinken bestellt, den erwartet keine Süßspeise, sondern Palatschinken, die mit Fleisch gefüllt und mit Paprikarahmsauce übergossen werden.

Allerdings verschwinden viele der klassischen Gerichte in letzter Zeit auch in Ungarn von den Speisekarten. Der Aufwand, wenn man sie nach authentischen Rezepten zubereitet, ist heute einfach oft zu groß und daher auch in Ungarn nicht mehr kalkulierbar.

Die Wiege der heimischen Mehlspeisen

Noch relevanter für unser kulinarisches Erbe als die Ungarn waren aber die Tschechen, konkret die Böhmen – noch vor wenigen Generationen gab es ja zumindest in Ostösterreich kaum eine Familie, in der es nicht die klassische böhmische Großmutter gab, die den Rest der Verwandtschaft mit ihren Mehlspeisen versorgte. Zwetschkenoder Marillenknödel, Buchteln, Kolatschen oder Mohnnudeln sind ebenso klassische Desserts böhmischen Ursprungs wie Powidldatschgerl oder ein Scheiterhaufen.

Abseits der Süßspeisen liebt man es auch in Tschechien gerne deftig. Kuttel- oder Krautsuppen sind beliebte Vorspeisen, klassische Hauptgerichte wären Schinken- oder Krautfleckerl, gefüllte Paprika oder Rindsrouladen. Und natürlich wird in fast jedem Wirtshaus auch ein Schweinsbraten angeboten, die perfekte Unterlage für das eine oder andere Krügel Bier – und von dem konsumieren die Tschechen mit etwa 140 Litern pro Kopf und Jahr deutlich mehr als der Rest der Welt.

Dafür sorgen mit Budweiser Budvar und Pilsner Urquell auch zwei Biermarken mit internationaler Bedeutung. Nicht vergessen darf man auch eine Spezialität namens Prager Schinken, ein Schinken, der mehrere Wochen in Lake gepökelt, anschließend mit Zucker und verschiedenen Gewürzen eingerieben und über Buchenholz geräuchert wird. Zum Schluss wird der Schinken noch gebacken oder geschmort und dann in der Regel als kalter Aufschnitt verspeist.

Nähe zur Ukraine

Ein wenig abseits für unsere Gewohnheiten steht im Vergleich zu Ungarn oder Tschechien die polnische Küche, die mitunter Parallelen zu den skandinavischen oder ukrainischen Nachbarn aufweist. Unterschiedliche Variationen von Eintöpfen, Teigtaschen und vor allem viel Fleisch (nur in den USA wird pro Kopf mehr Fleisch gegessen als in Polen) prägen hier die Kulinarik. Typische Nationalgerichte sind Bigos (ein Schmoreintopf aus Sauerkraut und verschiedenen Fleisch- und Wurstsorten), Piroggen (gefüllte Teigtaschen) oder (gebackenes) Schweinskotelett.

Aber auch aus Polen sind manche Gerichte nach Österreich vorgedrungen, allen voran Kuttelfleck bzw. Flecksuppe, die in Polen „Flaki“ genannt werden. Und nicht vergessen darf man in Polen außerdem den Barszcz, der auf dem russischen bzw. ukrainischen Borschtsch beruht, einer Suppe aus roten Rüben.

Werbung

GASTRO-NEWSLETTER

Um über die neuesten Nachrichten, Angebote und Sonderankündigungen auf dem Laufenden zu bleiben.