Achtung, anders!

Sagt Michael Haller, Leiter des Vienna Coffee College, wenn er über die neuen „Nerd“-Kaffees spricht.

Michael Haller schwört auf seine Präzisionswaage. Wichtig: Der Kaffee soll langsam aufgegossen werden.
Michael Haller schwört auf seine Präzisionswaage. Wichtig: Der Kaffee soll langsam aufgegossen werden.

Wie sonst auch, steht „Nerd“ auch in diesem Fall für all jene, die sich in ein „Thema reintigern“ und bei Michael Haller, Mastermind hinter dem Nerd, ist das der Fall. Der Leiter des Vienna Coffee College gibt sein, bei zahlreichen Barista-Schulungen erworbenes Wissen, dort an Kaffeeaffine weiter. Nerd als Ausdruck für etwas Spezielles, Anderes zeigt sich beim neuen Kaffee in vier Sorten, die Hallers Händler auf kleinen Plantagen aufgespürt haben.

Die Fruchtbetonung mit ausgeprägter Säure ist bei allen vier Sorten hervorstechend. Ganz im Gegensatz zu den sonst klassisch- nussigen Geschmacksrichtungen. Pfirsich, Jasmin und Vanille beim Guji Tero Farm aus Äthiopien oder Zitrusnoten beim Serenje Kachipapa Farm aus Sambia. Sensible Geschmäcker schmecken das auch heraus, so Haller, ähnlich wie beim Wein.

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Wie er überhaupt die Erfahrung gemacht hat, dass Menschen, die gerne Wein trinken und dabei die Rebsorten herausschmecken, ihnen das auch beim Kaffee gelingt. Die Nerds sind etwas für Experimentierfreudige, so Haller, denn die meisten anderen Kaffees haben einen ziemlich einheitlichen Geschmack.

Im Rösthaus hingegen liegt der Fokus darauf, die Besonderheit jeder Bohne beim Rösten herauszuholen, was zu völlig anderen Geschmacksrichtungen führen kann. Für Nerds ist das damit die ideale Spielwiese. Der Kaffeeexperte sieht ganz grundsätzlich ein steigendes Interesse an besonderen Kaffeequalitäten, die wie edle Weine behandelt werden.

„Nur, dass uns der Wein Jahrzehnte voraus ist in den sortenreinen Top-Qualitäten,“ so Haller. Er sieht diesbezüglich die kleinen Röstereien und Coffeeshops als Wegbereiter dieser sogenannten Plantagenkaffees. Von hier hat sich auch der Trend zu den fruchtigen Kaffees entwickelt.

„Ich verlasse mich auf meine zwei Händler“

Haller verlässt sich beim Einkauf auf 1-2 kleinere Händler, die, so seine Aussage, „nichts anderes machen, als durch die Gegend zu streifen, auf der Suche nach neuen Kaffeesorten und das vorrangig auf kleinen Plantagen.

Werden sie fündig, kommen 10 dag Bohnen zur Verkostung, die Haller dann in seiner kleinen Röstmaschine röstet, um sodann zu entscheiden, ob er den Kauf von rund 60 Kilogramm tätigt. Diese Größenordnung wird bei den Nerds praktiziert und sind sie aus, dann ist Schluss.

Es kann aber sein, dass die dann irgendwann wieder kommen. Wobei der Kaffee im nächsten Jahr völlig anders schmecken kann, so Haller: „Wetter und Klima und damit die Bedingungen haben sich verändert, der Boden ist anders, weil der Kaffeebauer anders düngt, und und und.“

Einkauf direkt bei den Plantagen ist laut Haller schwierig, er verlässt sich auf seine zwei Zwischenhändler, die eine gute Hand haben. Etwas schräg im Geschmack durch die starke Fruchtbetonung ist auch die Verpackung entsprechend: „Achtung, anders“, wie Haller schmunzelnd sagt. Er vergleich die Nerds auch gerne mit Craft Beer.

Frucht sticht Nuss

Im Rösthaus, das dem Coffee College angeschlossen ist, dominieren zwar vorrangig die klassischen Anbaugebiete im Kaffeeangebot, aber es sind durchaus auch Exoten, wie z.B. Bohnen aus Sambia zu finden. Bei den Nerds stammen zwei aus Äthiopien, dem Ursprungsland des Kaffees, einer aus Kolumbien und einer eben aus Sambia. Drei sind „washed“, was so viel heißt wie, dass das Fruchtfleisch gleich nach der Ernte entfernt wird, was die Fruchtnote etwas weniger intensiv macht.

„Für guten Kaffee ist kein High-Equipment notwendig!“

Espresso oder Filterkaffee?

„Für guten Kaffee ist kein High-Equipment notwendig!“Sowohl als auch! Die vier Nerds machen bei beiden Zubereitungsarten gute Figur, zeigen aber einen deutlichen Unterschied: Beim Espresso ist die Fruchtnote sehr intensiv zu schmecken, bei der Filterzubereitung ist die Säure weniger dominant, weil mit mehr Wasser gearbeitet wird.

Apropos Wasser: Das Wasser für (guten) Kaffee sollte immer gefiltert werden, namhafte Hersteller wie Brita oder bwt haben hier laut Haller gute Produkte. Zudem sollte der Papierfilter mit etwas heißem, aber nicht kochendem Wasser (zirka 90°C – 96°C) mit einigen Umdrehungen ausgespült werden.

Der Kaffee quillt auf, saugt sich mit Wasser an und erst nach zirka 40 Sekunden sollte man aufgießen. Wie das Wasser, haben aber auch Brührezept und Brühverhältnis großen Einfluss auf die Kaffeequalität. Ähnlich wie bei einem Kochrezept werden hier die wichtigsten Punkte der Zubereitung wie Kaffeemenge, Mahlgrad und Durchfließdauer des Wassers festgehalten.

Haller arbeitet hier mit einer Präzisionswaage, um immer dasselbe Ergebnis zu erzielen – oder auch, um es nach der Verkostung möglicherweise zu verändern. Die Nerds eigenen sich gut für Hand- Brewing-Methoden, was das Experimentieren spannend macht. Nimmt man z.B. mehr Wasser, geht der Kaffee geschmacklich bereits in die Richtung von schwarzem Tee, mit dem er in der Nerd-Coffee-Szene auch gerne verglichen wird.

Dass Herren mehr Espresso und Damen öfter Milchkaffee trinken, sei übrigens eine Mär. Das hänge rein vom Geschmack ab und verhält sich ein bisschen so, wie beim Wein: Alles ist möglich!

Und ja: Zum Nerd Kaffee passt eine süße Kleinigkeit ganz gut, meint der Fachmann! Dann also auf zum Reintigern in den neuen Nerd und dabei nicht vergessen: Er ist anders!

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