Ganz besonders interessiert uns die Rolle von Anna Sattler, der Schwester von Spitzenkoch Markus: Frau Sattler, ist es schwierig, in einer doch so ausgeprägten Männerrunde seine Vorstellungen umzusetzen? Beziehungsweise haben Sie das Gefühl, manchmal im Schatten Ihres Bruders zu stehen, der als Spitzenkoch doch öfters in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird?
Ich habe nie das Gefühl im Schatten meines Bruders zu stehen – wir sind ein tolles Team und erbringen gemeinsam Spitzenleistungen. Wir haben verschiedene Stärken, was maßgeblich zu unserem Konzept beiträgt.
Die Spitzengastronomie ist eine von Männern dominierte Branche und ich habe schon früh gelernt mich durchzusetzen. Frauen müssen oft mehr leisten um sich zu beweisen. Ich habe durch viele Jahre harte Schule mir viel Selbstbewusstsein und einen starken Charakter aufgebaut und arbeite gerne und viel mit Männern und habe eigentlich nie das Gefühl, nicht respektiert zu werden.
Sie führen das Hotel und leiten den Service, wie viele Mitarbeiter haben Sie hier zu managen?
Ich habe ca. 17 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu managen. Wir haben ein tolles dynamisches Team und es macht mir sehr viel Spaß. Ich hatte in früheren Betrieben weitaus mehr Kollegen und Kolleginnen unter mir – also komme ich damit sehr gut zurecht.
Der Wein hat am Sattlerhof die gleiche Relevanz, wie die Kulinarik und die Weinbegleitung wird von Ihrem Partner, Thomas Ferrand, einem französischen Sommelier, gemacht. Wie läuft das im Normalfall? Wird der Wein immer auf das Gericht abgestimmt? Oder kommen auch mal die beiden Cousins und sagen zu Ihrem Bruder: Wir haben diesen und jenen besonderen Wein, „überlege Dir ein Gericht dazu“!
Thomas, Markus und ich stimmen die Weine immer auf die Gerichte ab. Es ist ein Dialog zwischen uns und wir probieren die Gerichte und Weine bzw. nicht alkoholischen Getränke zusammen und Thomas erstellt dann die Begleitungen.
Wir lieben und schätzen die Weine unserer Cousins natürlich sehr – und die dürfen in unseren Begleitungen nie fehlen (einige Gäste kommen auch wegen dem Wein zu uns), trotzdem liegt unser Fokus auf der Kulinarik. Der Wein wird zum Essen ausgesucht und nicht umgekehrt.
Nochmals zurück zu Markus Sattler: Ihre Prägungsjahre in Malmö und Kopenhagen haben Ihre Affinität zu Gemüse erzeugt. Wie wird das Gemüse im Vergleich zu früher dabei in Szene gesetzt?
Es geht nicht wirklich darum, Gemüse in Szene zu setzen, sondern um die Natur um uns herum und was die Natur hergibt. Im Frühling steht unser Menü unter dem Thema Blüten und Knospen – wie der Name sagt wird hier viel in der Natur gesammelt. Im Sommer heißt es bei uns Garten und Erde – da darf das Menü dann auch mal ein bisschen gemüselastiger sein. Im Herbst prägt uns das Thema Jagd und Ernte – da findet man dann viele Pilze und viel Wild bei uns auf der Karte. Der sanfte Umgang mit der Natur und der Saisonalität ist uns besonders wichtig.
Saisonalität war und ist ja immer eine Kernkompetenz des Sattlerhofs! Ein eigener Gemüsegarten ist da wohl schon eine der Basiskomponenten – was findet sich bei Ihnen dort alles und vor allem: wer kümmert sich darum? Denn so etwas ist durchaus zeitintensiv.
Der Gemüsegarten ist der Bereich unseres Vaters, dem Seniorchef Hannes Sattler – er hat den grünen Daumen bei uns. Von Tomaten, Karotten, Salat, Zwiebel über Mangold, grüne Erbsen und Beeren ist alles dabei. Wir probieren auch immer mal wieder neue Sorten aus und Markus fermentiert auch.
Zum Schluss noch eine Frage an alle: Im Sattlerhof gibt’s ein Wirtshaus und ein Genießerrestaurant. Wo kocht, serviert und kredenzt die Familie Sattler am liebsten?
Die Mischung macht es aus – wir lieben beides. Die Perfektion und Leidenschaft, die wir mit viel Liebe und Präzision im Restaurant umsetzen. Genauso wie wir die warme herzliche und bodenständige Atmosphäre im Wirtshaus.
Last, but not least, die Frage: Die Aufgaben am Sattlerhof sind zwar klar verteilt – gibt es trotzdem manchmal Diskrepanzen, wenn Entscheidungen anstehen?
Es ist nie nur alles Sonnenschein, aber fast. Wir kommen super miteinander aus. Jeder hat seinen Kompetenzbereich und wir können über alles reden.
Andreas und Alex Sattlers neueste Kreation ist „Justė“, ein alkoholfreier Speisenbegleiter mit Kräuterauszügen aus Linde, Schafgarbe und Brennessel, kombiniert mit einer alten Quittensorte. Entstanden ist das Getränk in der Schwangerschaft von Andreas‘ Frau auf der Suche nach einer Alternative zum Weißwein. Und genauso wird er auch abgefüllt und serviert – wie ein edler Weißwein. Man sieht, kreative Köpfe haben auch abseits ihrer Kernkompetenz neue Ideen.