Wenn im Schanigarten die letzten Gäste gegangen sind, bleibt oft noch Zeit für eine Zigarette. In der Gastronomie gehört sie zum Inventar wie der Kellnerblock in der Schürzentasche. Eine aktuelle Umfrage von Censuswide im Auftrag des Online-Händlers Northerner zeigt: In keiner anderen Branche rauchen so viele Beschäftigte wie in der Gastronomie – gemeinsam mit dem Einzelhandel machen sie 17 Prozent der befragten berufstätigen Raucher in Österreich aus. Der Stress, der Lärm, die langen Arbeitszeiten – viele Beschäftigte greifen zur Zigarette, um kurz durchzuatmen.
Stress treibt viele zum Glimmstängel
Warum gerade in diesen Branchen so viel geraucht wird, erklärt Markus Lindblad, Sprecher von Northerner: „Mitarbeiter in diesen Sektoren sind ständig einem hohen Druck und Stress ausgesetzt. Zigaretten dienen häufig als Möglichkeit, in den kurzen Pausen abzuschalten und einen Moment der Entspannung zu finden.“ Auch soziale Faktoren spielen eine Rolle – wer in einem Team arbeitet, in dem Rauchen verbreitet ist, lässt sich leichter mitreißen. Die Raucherpause wird zur kollektiven Mini-Auszeit, zur Gelegenheit für Austausch und Gemeinschaft.
Auch der tägliche Konsum ist in der Gastronomie überdurchschnittlich hoch: Durchschnittlich 12,3 Zigaretten rauchen Beschäftigte aus dieser Branche pro Tag. Damit liegt sie knapp hinter Produktions- und Versorgungsunternehmen (12,8 Zigaretten) und über dem allgemeinen Durchschnitt von 11,5.
Das Gesundheitswesen raucht mit
Überraschend hoch ist der Anteil auch im Gesundheitsbereich – 11 Prozent der Befragten arbeiten dort. Trotz medizinischem Fachwissen und Gesundheitsbewusstsein greifen auch dort viele zur Zigarette. Dicht dahinter folgen die Finanzbranche (10 Prozent) und der IT-Sektor (8 Prozent). Besonders in der Finanzwelt werden Rauchpausen offenbar als Ventil genutzt, um mit Leistungsdruck und Deadlines umzugehen.
Kunst, HR und Recht: Wo Rauchen keine Rolle mehr spielt
In der Kunst- und Kulturbranche sowie in der Rechtswelt liegt der Raucheranteil bei nur zwei Prozent. Auch in Human Resources (HR) rauchen nur drei Prozent der Befragten, im Medien- und Marketingbereich sind es fünf Prozent. Lindblad sieht hier eine klare Entwicklung: „Wo Rauchen früher als rebellisch oder intellektuell galt, haben heute Themen wie Achtsamkeit, Gesundheit und Work-Life-Balance die Oberhand gewonnen.“
Alternativen gewinnen an Zuspruch
Trotz der tief verankerten Gewohnheit zeigt sich auch eine gewisse Offenheit für Veränderung: 54 Prozent der Befragten würden auf weniger schädliche Alternativen umsteigen – elf Prozent aus rein finanziellen Gründen. Denn bei einem Preis von rund 6,80 Euro pro Packung spüren viele die Belastung. „61 Prozent geben an, durch das Rauchen finanziell unter Druck zu stehen“, sagt Lindblad. Rauchfreie Produkte wie Nikotinbeutel könnten nicht nur das Portemonnaie schonen, sondern auch Geruchsbelästigung vermeiden – ein Vorteil, der besonders in kundenorientierten Bereichen wie der Gastronomie Gewicht hat. Der Weg zur rauchfreien Gastronomie ist zwar längst politisch beschritten, im Arbeitsalltag vieler Beschäftigter aber noch lange nicht angekommen.
Die Umfrage macht deutlich: Rauchen ist in vielen Jobs eine soziale Praxis, ein Stressventil und Teil des Arbeitsalltags. Doch mit steigenden Preisen, wachsendem Gesundheitsbewusstsein und alternativen Produkten am Markt beginnt sich das Verhalten zu verändern.