Das Rind ist kein Sündenbock

Rind versus Reis Rind ist kein Sündenbock


Das Rind hat es schwer, denn es gilt als das klimaschädlichste Tier in der Landwirtschaft und das zu Unrecht. Denn man muss diesen, auf den ersten Blick so klaren Sachverhalt, genauer unter die Lupe nehmen.

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Als Wiederkäuer produziert das Rind während der Verdauung Methan, das 25 Mal klimaschädlicher ist, als Kohlendioxid. So liefert das Rind zwar Milch und Fleisch, scheidet aber reichlich Methan durch Rülpsen und Furzen aus. Auch über Mist und Gülle werden große Mengen freigesetzt. So scheinen pauschale Lösungen, die vor allem Milch und Rindfleisch vom Teller verbannen, auf den ersten Blick sinnvoll. Jedoch lohnt ein zweiter Blick auf den komplexen Sachverhalt.

Rind versus Reis

Jeder, der in der Tierhaltung oder Fleischerzeugung arbeitet, ist sich der Problematik bewusst. Und seit Jahren laufen Bemühungen und Forschungen, um die Klimabilanz der Tierzucht zu verbessern. Doch leider kursieren Zahlen, und machen Schlagzeilen von sich reden, die oft nur einen einzigen Punkt betrachten und die Komplexität des Themas außer Acht lassen. Es scheint beinahe so, als ob immer mehr Rinder weltweit gehalten werden, obwohl die Zahl stagniert und in der EU, und auch in Österreich, sogar sinkt. Heute gibt es weltweit deutlich weniger Rinder als vor 30 Jahren. Auch hört man selten etwas über pflanzliche Lebensmittel wie Reis, die für eine enorme Methangasproduktion verantwortlich sind. Schuld daran ist der Nassfeldanbau. Hier ist nicht der Lösungsansatz, Reis vom Speiseplan zu streichen, noch dazu ein Grundnahrungsmittel in asiatischen Ländern, sondern den Anbau klimafreundlicher zu gestalten. So sollte es auch beim Rind sein. Denn neben Fütterung, Haltungsform, Alter, Tierrasse, Entmistung, Düngerausbringung und Bodenbewirtschaftung, spielt sogar die Genetik der einzelnen Tiere innerhalb einer Rasse eine große Rolle, wieviel Methan ausgeschieden wird. Eine gezielte und artgerechte Tierzucht könnte also helfen.

Tierische Landschaftspfleger für den Weidenerhalt

Gras und Heu sind keine Lebensmittel für den Menschen, Wiederkäuer dagegen können es nutzen. Rinder erhalten neben Schafen und Ziegen die ökologisch wertvollen Grünflächen. Sie halten Weiden offen und schützen sie vor Verbuschung. Weideland schützt vor Erosion und Wiesen speichern mehr Kohlendioxid als Äcker. Noch dazu siedeln auf Weiden mit Rindern Bakterien am Boden, die das Methan der Kühe, beispielsweise aus dem Mist, wieder abbauen können. So sind Kuhweiden nicht Klimakiller, sondern tragen zum ökologischen Gleichgewicht im Sinne einer Kreislaufwirtschaft bei. Für diese Landschaftspflege vermarktet der Landwirt Milch und Fleisch seiner Tiere und erwirtschaftet damit einen beträchtlichen Teil seines Einkommens. Würden die Weidetiere wegfallen, dann gäbe es vermehrt Wildtiere, die den Lebensraum nutzen, viele davon ebenfalls Wiederkäuer wie Hirsch, Gams oder Reh, die ebenso Methan ausscheiden. Jedoch gehen die Kohlendioxidspeicher der Weiden verloren, was nicht im Sinne des Klimaschutzes sein kann. Ein Hektar Grünland speichert etwa sechs Tonnen Kohlendioxid, setzt vier Tonnen Sauerstoff frei und ernährt – je nach landwirtschaftlicher Nutzungsform – zwischen einem und bis zu drei Rinder.

Forschung gefragt

Jeder weiß, dass in den nächsten Jahren der Fleischkonsum reduziert werden muss. Besser weniger Fleisch, aber aus guter Tierhaltung, am besten von Weidetieren aus der Region und mit Futter, wie Luzerne oder Klee, aus der Region. Die Ansätze, das Methangas zu reduzieren, sind vielfältig. So scheiden gut genährte Tiere weniger Methangas aus. Also das heimische Weiderind weniger als die dürre Kuh aus Indien. Zusätze wie Kraftfutter zu Gras und Heu, aber auch bestimmte Algen oder Fettsäuren, senken ebenfalls den Methanausstoß. Jedoch dürfte dafür nicht der Anteil an Äckern erhöht werden. Denn beim „land use change“, der Umwandlung von Landschaften wie von Regenwald zu Äckern, gehen die wertvollen Bodenspeicher von Kohlendioxid verloren. Das Gas wird in die Atmosphäre freigesetzt. Ebenso erhöht der Einsatz von mineralischen Kunstdüngern auf den Äckern für den Anbau von Tierfutter die Treibhausgase, denn es wird vermehrt Lachgas freigesetzt, das nochmals viel klimaschädlicher ist als Methan. Etwa 30 Prozent der Agrarflächen weltweit sind Ackerflächen, 70 Prozent aber Weideflächen. Daher ist es zu einseitig, die Klimabilanz des Rindes nur auf Methan zu reduzieren. Denn je mehr Kraftfutter in der Ernährung des Tieres verwendet wird, desto weniger Methan wird zwar frei, aber dafür mehr andere klimarelevanten Gase wie Kohlendioxid, Ammoniak und vor allem Lachgas. Humuserhalt und -aufbau werden in den nächsten Jahren wichtige Herausforderungen für den Klimaschutz sein. Denn der Aufbau von 0,1 Prozent Humus kann drei bis sechs Tonnen Kohlendioxid speichern und Viehweiden speichern doppelt so viel Kohlendioxid wie Ackerböden.

Der Konsument entscheidet

Die Rinderhaltung in Österreich wird von Experten in Bezug auf die Umwelt- und Klimabelastung als gut bezeichnet, sofern weitere Verbesserungen und Optimierungen angestrebt werden. So erzeugt ein Kilogramm heimisches Rind um ein Vielfaches weniger klimaschädliche Gase als importiertes Rindfleisch aus Südamerika. Aber wie sooft hat es der Konsument mit seiner Kaufentscheidung in der Hand, wie die Bilanz ausfällt. Am besten ist die Rinderhaltung von Tieren mit Weidegang von Landwirten mit intakten Dauergrünflächen, bei denen der Kraftfutteraufwand in einem moderaten Verhältnis zum Grundfutter wie Gras und Heu steht.

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