„Es gibt schlechtere Jobs“

Hotelier Michael Berndl über zwei Jahre Corona, dem Anspruch auch in Kärnten einen Ganzjahrestourismus anzubieten und seinem Wunsch nach Flow statt Hilfen.

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Info

Michael Berndl ist gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth Eigentümer des 4*plus Romantik SPA Hotels Seefischer, ein Familienbetrieb mit 45 Zimmern am Millstättersee, und der Chef der österreichischen Romantikhotels. Außerdem betreibt er in Millstatt ein Wirtshaus und seit kurzem ein Delikatessengeschäft.

Wenn Sie die österreichische Situation mit der von Kollegen im Ausland vergleichen – wie steht Österreich dann da?
Wir haben sicher mit die strengsten Maßnahmen gehabt, aber von Anfang an wurde uns immer eine tolle Hilfestellung von Seiten der Bundesregierung gewährt. Das muss einfach so gesagt werden. Die Regierung hat in dieser Situation die Wichtigkeit des Tourismus erkannt. In gewissen Regionen ist der Tourismus einfach die einzige Einnahmequelle.

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Hilft es da, dass wir eine Tourismusministerin haben? Also das Amt per se?
Sicher. In Deutschland ist das anders, die hätten auch gerne so jemanden in der Regierung sitzen. Aber der Tourismus hat halt in Deutschland im Vergleich zu uns nicht die gleiche wirtschaftliche Bedeutung. 18 Prozent vom BIP wird dort bei weitem nicht erreicht. Und in Regionen wie hier am Millstättersee oder im Zillertal erreichen wir locker mehr als 50 Prozent.

Warum wird der Tourismus dann in Italien so schlecht gefördert? Dort haben die Gastronomen und Hoteliers so gut wie gar keine Unterstützung bekommen.
Die Südtiroler Kollegen haben sich schon mal gewunschen ein Teil von Österreich zu sein...Die sind so gut wie leer ausgegangen. Die hatten nicht einmal die Möglichkeit der Kurzarbeit, keine Abschlagszahlungen, nichts. Die mussten Kredite aufnehmen, wenn sie überhaupt Kredite bekommen haben.

Italienische Gastronomen haben rund 400 Euro bekommen. Im Jahr.
Viele haben zugesperrt, einfach um Kosten zu sparen, die Leute nach Hause geschickt und auf bessere Zeiten gewartet. Das ist ja bei uns auch passiert. Am Anfang war uns gar nicht klar, ob und wie das mit der Kurzarbeit funktioniert. Wir haben auch bei uns am Anfang einige Mitarbeiter freigesetzt als Vorsichtsmaßnahme.

Konnten Sie die wieder zurückgewinnen?
Zu 90 Prozent ja. Einige haben sich aber vom Tourismus verabschiedet oder selbstständig gemacht.

Corona hat ja auch die zarte Pflanze Ganzjahrestourismus in Kärnten zum Welken gebracht, oder?
Selbst im Westen waren über Weihnachten und Neujahr nicht alle Häuser wie sonst ausgebucht. Die haben uns dann mit günstigen Preisen Konkurrenz gemacht. Das ist natürlich das Schlimmste, was man machen kann, die Preisspirale nach unten zu drehen. Da gibt’s nur Verlierer. Aufgrund unserer Kostensituation vor allem bei den Mitarbeitern können wir nur auf Qualität setzen. Preislich können wir zum Beispiel mit der Türkei einfach nicht konkurrieren.

Der Billigtourismus hat ja früher in Kärnten ganz gut funktioniert. Sind die Zeiten endgültig vorbei?
Es gibt schon noch günstige Angebote wie Camping oder Appartements. Aber die sind auf der Angebotsseite auch mit viel weniger Aufwand verbunden.

Und auch die rüsten auf, müssen aufrüsten ...
Die Coronakrise hat zu einer gewissen Marktbereinigung geführt, die auch weiterhin stattfindet. Die hat schon vorher begonnen, Corona wirkt hier wie ein Turbo. Es kommen auch neue Betriebe dazu, die aber dezidiert auf Qualität setzen. Das wird sich noch beschleunigen, wenn die Hilfen enden.

Womöglich müssen auch einige Hilfen wieder zurückgezahlt werden...
Also zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Es wird geprüft werden, ob alles rechtmäßig war und ist.

Wie konnten Sie Ihre Mitarbeiter halten?
Indem wir so lange wie möglich offengehalten haben. Auch wenn sich das nicht immer wirtschaftlich gerechnet hat. Aber wir wollten einfach unsere Mitarbeiter nicht zum AMS schicken. Kurzarbeit auf null ist keine Lösung, dann sitzen die Leute zu Hause, verdienen weniger, bekommen keine Trinkgelder und fangen an zu grübeln, sieben Monate lang. Wer im Tourismus arbeitet, kennt diesen Flow, wenn was zu tun ist. Der hat uns gefehlt. Aber wir versuchen an unserem Anspruch festzuhalten einen Ganzjahresarbeitsplatz anzubieten. Normalweise haben wir im Seefischer 300 Tage im Jahr geöffnet. Bei meiner Silvesteransprache habe ich gesagt: Wenig zu tun ist besser als nichts zu tun! So kommen wir wieder in unseren gewohnten Workflow. Hilfen sind am Ende des Tages eben nur Hilfen. Sie können nicht das ersetzen, worum es uns wirklich geht: Dem Gast eine Freude bereiten, ihn bewirten, für ihn kochen. Das Tun ist der Schlüssel, nicht das Warten und Herumsitzen. Die Menschen sind unsere Bausteine.

www.seefischer.at

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