Die israelische Küche: Aromen und Temperament


Yotam Ottolenghi hat die israelisch-arabische Küche in seinen Londoner Gourmet- Restaurants berühmt gemacht und seine wunderbar aromatische und überraschende, fast schon freche Art zu kochen, in mehreren Kochbuch-Bestsellern popularisiert.


Yotam Ottolenghi möchte „Dramen im Mund“ erkochen. In seinem Kochbuch „Jerusalem“, das er gemeinsam mit seinem palästinensischen Freund Sami Tamimi, den er in London kennenlernte, 2012 herausbrachte, versucht er der Küche ihrer beider Geburtsstädte näher zu kommen. Die Küche der uralten Stadt Jerusalem, und mit ihr die Küche Israels und Palästinas, ist ein Konglomerat aus unzähligen Einflüssen. Da ist natürlich die regionale levantinische Küche, die arabische generell, nicht nur der Palästinenser, sondern auch der Nachbarn (Libanon, Syrien, Jordanien, Ägypten). Dazu kommen die osteuropäischen Gerichte der Aschkenasim, die nach Israel eingewandert sind und Einflüsse der sephardischen (spanischen) Juden.

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Hummus

Etwas auf das sich alle einigen können ist Hummus. Allerdings nicht darauf, wer diese dicke Creme aus Kichererbsen und Sesam (Tahini) erfunden hat. Vermutlich haben es die Juden aus Aleppo in Syrien einst mitgebracht. Ist es nun jüdisch oder arabisch? Nicht nur darüber können Araber und Israelis stundenlang streiten. Der Brotsalat Fattoush ist eindeutig arabisch, wer Baba Ghanoush, den Brei aus gerösteten Melanzani erfunden hat, ist schon wieder umstritten, vermutlich doch Araber. Typische Gewürze wie Za’atar, Zhorg oder eingelegte Salzzitronen prägen die israelische Küche, kommen aber auch im arabischen Raum und am Golf vor.

Shakshuka, …

… die scharfe Eierspeise mit Tomaten und Paprika, ist eindeutig israelisch, dort sehr populär, kommt aber aus Tunesien, wie seine Gewürzmischung Harissa. Die Kartoffelpuffer Latkes haben die Ostjuden mitgebracht. Der Petersiliensalat Tabbouleh ist wieder arabisch. Bei Falafel, den frittierten Laibchen aus Kichererbsen, die so herrlich nach Kreuzkümmel duften, könnte man wieder streiten. Die Liebe zu allem Gefüllten und sauer Eingelegtem ist eine ostjüdische (und arabische) Leidenschaft. Kibbeh (Bulgurknödel) und Koufta, noch eine Variante von Laibchen, diesmal aus Fleisch, kennt man im gesamten vorderasiatischen Raum. Schawarma ist die israelisch-arabische Variante des türkischen Döner Kebab oder des griechischen Gyros. Auch die Liebe zum süßen und pikanten Gebäck und Strudeln (Bureka / Börek) in unzähligen Varianten vereint die jüdische und arabische (und die türkische) Küche.

Salate

Was in Israel zu jedem Essen gehört (oder auch eine ganze Mahlzeit ausmachen kann) sind fantasievolle frische Salate, gerne auch mit Obst kombiniert. Die bekommt man in Israel rund um die Uhr. Wenn man Yotam Ottolenghi (der einen italienischen Vater und eine deutsche Mutter hat) und Sami Tamini zuhört, wenn sie übers Essen in Jerusalem schwärmen, dann geht es ihnen um Kindheitserinnerungen, selbst gepflückte Wildkräuter, überquellende Märkte und vor allem um Gerüche. Gerüche nach sonnenverbrannter Erde, nach Ziegen und Schafen, frischem Brot (Pita), gehackter Petersilie, gehackter Leber, Feigen, sirupgetränkte Kuchen und krümelige Kekse… Man könnte noch hinzufügen: Olivenöl, getrocknete Früchte, der Duft nach Zitronen und Gegrilltem (Gemüse wie Fleisch).

Temperament

Die wichtigste Zutat der israelischen Küche ist allerdings Temperament. Wenn man in ein israelisches Lokal in Wien geht, und davon gibt es mittlerweile mehrere, dann ist da immer was los. Es wird geschrien, um die laute Musik zu übertönen, die Küchen sind offen, es dampft und raucht. Und es duftet! Da geht es in libanesischen Lokalen, die bei uns schon länger bekannt sind, doch etwas zurückhaltender zu. In einem Punkt sind sich Araber und Juden einig: Gastfreundschaft ist ein ganz großes Gut. „Essen Sie doch noch etwas!“, darf man als Gast nicht ausschlagen – selbst wenn man sich schon durch unzählige Vorspeisen (Mezze) und andere Leckereien gefuttert hat. „Leider“, schreiben die beiden, der ausgewanderte Israeli, der von eingewanderten Juden aus Europa abstammt, und der ausgewanderte israelische Araber, sei Essen das Einzige, „was die Menschen in dieser extrem gespaltenen Stadt eint.“

Obwohl sie auf den selben Märkten einkaufen, in den gleichen Restaurants essen. Ein Dialog findet trotzdem nicht statt. Beim Essen kommen die Leut‘ zamm? Leider nicht alle, nicht in Jerusalem, Tel Aviv oder sonst wo an der Levante.

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