Jenseits von Chop Suey

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Jenseits von Chop Suey - Portrait - ethno food

Gute chinesische Lokale in Wien


Die chinesische Küche kann viel mehr als Glutamateintöpfe oder gebackenes Huhn süßsauer. Rund um den Wiener Naschmarkt beweisen das täglich immer mehr hervorragende und gleichzeitig meist schlichte chinesische Restaurants.


Chop Suey haben nicht die Chinesen erfunden. Zumindest nicht für ihre Landsleute. In China gibt es dieses Gericht gar nicht. Angeblich hat es ein chinesischer Koch 1896 am Hof des russischen Zaren erfunden und später bei einem Besuch in den USA amerikanischen Offizieren serviert. Mit durchschlagendem Erfolg. Das haben dann Auslandschinesen in den China Towns dieser Welt übernommen, die fürchteten, ihre echte Küche sei für europäischen Gaumen zu befremdlich. Klar, Hühnerfüße, Haifischflossen, 1000-jährige Eier klingen für uns eher grauslich. Und essen die nicht auch Hunde? Nein, das tun eher die Koreaner. Und 1000-jährige Eier sind wirklich köstlich, nix da mit verrottet und stinkig. Es gibt ja auch andere Küchen mit seltsamen Speisen: Surströming (vermoderter Hering aus Schweden), Hackepeter (rohes Schweinefleisch mit Zwiebeln) oder wabbeliges Eisbein (beides aus Deutschland), Kuttelsuppe (Türkei) oder steirische Jakobsmuscheln (Stierhoden). So was kann man mögen, muss man aber nicht.

Gute chinesische Lokale in Wien

 

Essen als Kulturleistung

„Die“ chinesische Küche gibt es auch nicht. In diesem Riesenland gibt es unzählige regionale Küchen. Vereinfacht gesagt kocht man im Norden salzigwürzig, im Osten säuerlich, im Süden scharf-süß und im Westen verdammt scharf. Bei uns am bekanntesten sind die aus Szechuan (scharf) , Shanghai und Peking (nicht nur wegen der Ente). Kochen und essen bedeutet in China seit Jahrtausenden viel mehr als bei uns. Essen trägt zur Gesundheit und zur inneren Balance bei. Essen als Medizin. Darauf sind einige bei uns erst vor Kurzem gekommen.

Kochen und Essen ist in China ein Statussymbol. Wer sich die kaiserliche Küche leisten kann, muss nicht eine der unzähligen Straßenküchen besuchen. Obwohl die manchmal besser sind. Essen ist in China auch Ausdruck eines Gemeinschaftsgefühls. Niemand bestellt ein Gericht für sich selbst. Die Speisen kommen auf den Tisch, wenn sie fertig sind und jeder bedient sich. Das kann für Europäer irritiernd sein, macht aber viel mehr Spaß, weil man von allem probieren kann. Auch die Menüfolge ist anders: Suppen werden nebenher gegessen, nicht zwingend zuerst und können auch Hauptspeise sein.

Süße Nachtische spielen eine untergeordnete Rolle. So halten es auch die guten China- Lokale bei uns. Man findet sie seit einigen Jahren rund um den Wiener Naschmarkt (siehe Kasten). Und praktisch jedes Jahr kommen weitere dazu. Versorgt werden sie von den asiatischen Supermärkten ringsum oder vom asiatischen Großhandel. Manche sprechen schon von Little China an der Wien. Ich verkehre dort regelmäßig und habe noch nie schlecht gegessen. Manche sind innovativ (Innereien auf chinesisch-asiatische Art), manche sind traditionell einfach.

Manchmal ist der Service ruppig, manchmal herzlich. Teuer ist es selten bis nie. Und man findet ganz selten bis nie die holzgeschnitzten, golden lackierten Drachen und roten Papierlampions, die man aus den Glutamatbuden der frühen Jahre kennt. Die folkloristische Einrichtung stammt angeblich von der chinesischen Mafia, denen wohl oft auch diese Lokale gehören (zur Geldwäsche).

Zutaten und Kochtechniken

Das Konzept der China Kitchen im 6. Wiener Gemeindebezirk lautet traditionelle chinesische Küche modern interpretiert auf die Teller zu zaubern und die Gäste mit authentischer Regionalküche und den Sichuan Spezialitäten zu verwöhnen.
Das Konzept der China Kitchen im 6. Wiener Gemeindebezirk lautet traditionelle chinesische Küche modern interpretiert auf die Teller zu zaubern und die Gäste mit authentischer Regionalküche und den Sichuan Spezialitäten zu verwöhnen.

Glutamat hat in der wahren chinesischen Küche eh nichts verloren. Hier wird gesund gekocht (obwohl Glutamat auch nicht so ungesund ist, wie sich viele einbilden). Gesund deshalb, weil das Meiste sehr kurz bei hoher Hitze gegart wird, das ist gut für die Inhaltstoffe. Die bekannteste Grundtechnik der chinesischen Küche ist das Pfannenrühren im Wok. Man zieht das Gargut kurz durch das Öl im sehr heißen Boden des Woks (manchmal schlagen hohe Flammen aus der Pfanne!). Oder blanchiert das Gemüse. Auch das schonende Dämpfen ist sehr beliebt, vor allem um die unzähligen Dim-Sum-Spezialitäten zuzubereiten.

Gegrillt wird selten, eher gekocht und gebraten. Etwas befremdlich für europäische Zungen ist vielleicht die gallertartige Konsistenz mancher Speisen, die dadurch erzeugt wird, dass man die Zutaten bei niedriger Hitze langsam gart und dann kühl stellt. Beliebt ist auch das Rotschmoren (Pekingente): Man gart in einer karamellisierten, gesüßten Sojasauce. Gewürze sind rar. Das Aroma und den Geschmack bringen die Zutaten selbst mit. Oder etwas Ingwer, Knoblauch, Chili, Reiswein (ähnliches Aroma wie trockener Sherry) und die verschiedenen Soßen.

Allein die Sojasauce aus fermentierten Bohnen gibt es in verschiedenen Varianten: hell, dunkel, mit Pilzen aromatisiert, auch biologisch erzeugt. Pilze sind auch wichtig, meist wässert man getrocknete Pilze, die sehr aromatisch sind. Man nennt ihr Aroma umami (würzig, fleischig). Kräuter kennt die chinesische Küche, anders als die vietnamesische, kaum. Paprika, Majoran, Kümmel und vieles andere Europäische sind unbekannt. Obligatorische Beilagen sind Reis, gedämpfte Hefefladen oder Nudeln.

Letztere haben ja auch die Chinesen erfunden und nicht die Italiener. Genauso wie das Schießpulver und den Buchdruck. Schließlich leben die Chinesen seit Jahrtausenden in einer Hochkultur. Nicht wie wir seit wenigen Jahrhunderten. Und sie pflegen ihre Traditionen. Das führt dazu, dass man bestimmte Gerichte wie die berühmte Pekingente einfach nicht mehr besser machen kann. So wie das Wiener Schnitzel. Hier läuft jeder Innovationsgeist gegen Wände.

Aber die chinesische Küche hat vielerlei Einflüsse integriert: die vegetarische Küche der Buddhisten aus Tibet mit viel Tofu, kokosbasierte Saucen und Suppen aus Thailand, fruchtig-scharfe Einflüsse aus Indonesien (Ananas, Mango, Avocado und andere tropische Früchte). Mittlerweile trinken die Chinesen sogar Milch und essen Kartoffeln. Beim Fleisch gibt es alles vom Huhn, Schwein, Rind bis zum Lamm. Sowieso essen die Chinesen alles, was man theoretisch essen kann (Quallen, Entenzungen)... Meeresfrüchte spielen eine große Rolle oder auch Algen.

Und Gemüse in allen Variationen: Wasserspinat, Pak Choi, Stangenknoblauch, Melanzani, Erbsenschoten, Spargel, Karotten, Wasserkastanien, Bohnen, Bohnensprossen, Lotuswurzeln usw. Längliches Gemüse wie Karotten oder Stangensellerie wird gerne gerollt beim Schneiden: immer um eine Viertelumdrehung, das ergibt hübsche dreieckige Stücke. Überhaupt isst das Auge in der chinesischen Küche mit: Es geht viel um Farben. In gehobenen Lokalen gibt es weiße, rote und grüne Menüs. Eine besondere Kunst ist das Schnitzen von rohem Obst und Gemüse, dafür gibt es speziell ausgebildete Köche. Auch sauer-scharf eingelegtes Gemüse ist wichtig, besonders in der Szechuan-Küche.

Chinesisch lernen

Möchte man seine europäische Küche etwas chinesischer/asiatischer machen, sollte man beim Würzen mit Sojasauce experimentieren und vielleicht die eine oder andere Kochtechnik übernehmen. Auch die Gewürzmischung „Five Spices“ (Sternanis, Szechuanpfeffer, Zimt, Fenchel, Gewürznelke) hilft einen Touch China ins Essen zu bringen. Warum nicht ein Steak damit würzen und dazu blanchierten Pak Choi oder Wasserspinat reichen? Es müssen ja nicht gleich die 1000-jährigen Eier sein.

Die man übrigens so zubereitet: Für Songhua Dan werden Enten- oder Hühnereier in einer Mischung aus Lehm, Asche, Salz, Kalk und Reishülsen oder Stroh mariniert und das auch nur für einige Monate und keine tausend Jahre. Man kann auch die chinesische Tischkultur aufgreifen: Alle dürfen alles essen. Das Essen wird in Schüsseln und großen Tellern in die Mitte des Tisches gestellt, idealerweise auf ein drehbares Gestell. Das kennt man ja auch bei uns in der tradionellen Küche: Beilagen, Fleisch und Soße werden in großen Portionen auf den Tisch gestellt und jeder bedient sich selbst.

So etwas fördert immer den Unterhaltungswert eines gemeinsamen Essens. Man bedient die anderen, diskutiert über die gemeinsam verzehrten Speisen. Dann braucht man fast keinen Alkohol, um in Stimmung zu kommen. Der ist in China übrigens als Essensbegleiter eher selten. Meist wird grüner Tee getrunken. Wein kultivieren die Chinesen erst seit wenigen Jahren – aber mit großem Ehrgeiz. Brauereien gründeten während der Kolonialzeit vor allem deutsche Brauer (Tsingtao). Heute ist der asiatische Biermarkt allerdings einer der wichtigsten der Welt, viele weltweit agierende Konzerne sind hier angesiedelt.

Wein und Bier werden auch von der chinesischen Führung propagiert, um den verbreiteten Schnaps zu verdrängen. Ähnliche Bestrebungen hatte es auch bei uns in Europa in vergangenen Jahrhunderten gegeben: Wenn schon Alkohol, dann lieber weniger starken, hieß und heißt die Devise. Ähnliches hört man auch aus Russland, wo das Biertrinken ebenfalls auf dem geförderten Vormarsch ist. Was man in chinesischen Lokalen meiden sollte, ist auf alle Fälle der pick-süße Pflaumenwein, der gerne gratis zum Abschluss gereicht wird. Das muss man nicht unbedingt übernehmen. Lieber beim geschnittenen Obst bleiben, das auch gratis gereicht wird. Sonst verklebt man sich all die wunderbaren Aromen der eben genossenen Speisen.

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