Angst vor Jobverlust bei Hotellerie-Mitarbeitern in Wien

Angst vor Jobverlust Unter Mitarbeitern in der Wiener Hotellerie sehen viele ihre berufliche Zukunft in anderen Branchen.
Unter Mitarbeitern in der Wiener Hotellerie sehen viele ihre berufliche Zukunft in anderen Branchen.

Das IFES hat im Auftrag der Arbeiterkammer Wien eine Befragung unter Beschäftigten der Wiener Hotellerie-Betriebe durchgeführt. Diese Studie nahmen Berend Tusch (Vorsitzender Fachbereich Tourismus Gewerkschaft vida), Michaela Reitterer (Österreichische Hoteliervereinigung) und Norbert Kettner (WienTourismus) zum Anlass, um im Zuge einer Podiumsdiskussion über die aktuellen Herausforderungen und Perspektiven für Beschäftigte und Betriebe zu diskutieren.


Bei der Studie wurde unter anderem erhoben, inwieweit es während der Corona-Krise wirtschaftliche Einschnitte für das Personal gegeben hat: 64 Prozent der Hotellerie-Beschäftigten geben an, dass sie aufgrund der Pandemie Einsparungen machen mussten. 56 Prozent mussten auf ihre finanziellen Reserven zurückgreifen. 40 Prozent befürchten zudem sehr, den Arbeitsplatz zu verlieren. Ein großer Teil der Beschäftigten sieht sich künftig nicht in der Hotel-Branche; und wenn, dann nur durch beruflichen Aufstieg.

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96 Prozent in Kurzarbeit

Insgesamt haben 634 Personen an der Befragung unter den Wiener Hotellerie-Beschäftigten zwischen Mitte März und Mitte April dieses Jahres teilgenommen. Acht von zehn Befragten waren im selben Beherbergungsbetrieb wie vor der Corona-Pandemie beschäftigt, davon befanden sich 96 Prozent in Kurzarbeit. 12 Prozent waren zum Zeitpunkt der Befragung arbeitslos, 3 Prozent in einem anderen Hotel beschäftigt und 2 Prozent mittlerweile in einer anderen Branche beschäftigt.

„Den Beschäftigten in der Hotellerie wurde durch Corona von heute auf morgen die wirtschaftliche Basis unter den Füßen weggezogen. Viele sind seit 15 Monaten in Kurzarbeit. Das ist abgesehen davon, dass die Arbeitnehmer monatlich weniger Geld zur Verfügung haben, auch eine mental unglaublich belastende Zeit“

so Berend Tusch.

Verlängerung der Kurzarbeit nötig

Norbert Kettner betonte in Anbetracht der angespannten wirtschaftlichen Situation vieler Beschäftigter, wie wichtig die Verlängerung der Kurzarbeit ist. „Vor Corona war jeder neunte Job in Wien der Branche Tourismus zuzuordnen. Kurzarbeit ist ein wesentliches Instrument, Know-how und jene Qualifikation im Unternehmen zu halten, die wir für den Restart brauchen.“

Das Ziel, Mitarbeiter zu behalten, deckt sich auch mit dem Ergebnis der IFES-Studie. 98 Prozent der Befragten gaben an, dass sie in Kurzarbeit waren. „Ich danke all jenen Betrieben, die weiter durchhalten und allen Mitarbeitern, die in der Branche geblieben sind“, sagt Kettner vor dem Hintergrund der IFES-Studie, bei der 83 Prozent der Befragten angaben, dass sie im selben Beherbergungsbetrieb wie vor der Corona-Pandemie beschäftigt sind.

Auch soziale Nachhaltigkeit notwendig

Die Pandemie sei als Zäsur zu betrachten, das damit einhergehende viel zitierte Umdenken in Richtung mehr Nachhaltigkeit müsse laut Kettner auch in konkreten Handlungen gegenüber den Beschäftigten Niederschlag finden. „Bereits 2019 haben wir in Wiens Visitor Economy Strategie die Richtung vorgezeichnet. Nachhaltigkeit im Tourismus bedeutet auch soziale Nachhaltigkeit. Unser Credo lautet: Die gesamte Bevölkerung und der gesamte Standort müssen Nutzen aus dem Tourismus ziehen.“

ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer, selbst Gast- und Arbeitgeberin, will an der raschen Rückkehr zu 100 Prozent Lohn plus Trinkgeld arbeiten, die die niedrigen Infektionszahlen jedenfalls erlauben würden. „Der gesamte Städtetourismus, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, alle zusammen, wurden als erste und besonders stark von der Pandemie getroffen. Sehen wir zu, dass wir da rauskommen“, so Reitterer: „Bringen wir den Grünen Pass ins Laufen, richten wir internationale Verkehrsanbindungen wieder ein, und dann werben wir, was das Zeug hält!“

Mitarbeiter „verleihen“

Noch schneller würde ein anderer ÖHV-Vorschlag zurück zu gewohnten Einkommen führen: Interessierte Mitarbeiter von Stadthotels könnten zeitlich befristet eine Beschäftigung in einem Ferienhotel aufnehmen, ohne dass der Vertrag mit ihrem Arbeitgeber aufgelöst würde. Die Kurzarbeit würde für den Zeitraum ausgesetzt. Das würde allen helfen, so Reitterer: Die Mitarbeiter erhielten den vollen Lohn plus Trinkgeld bei freier Kost und Logis, ein Arbeitgeber reduziere seine Kosten, der andere besetze eine offene Stelle und die öffentliche Hand spare Geld und nehme noch Steuern und Abgaben ein: „Besser geht nicht!“ Die meisten Mitarbeiter, ist Reitterer überzeugt, würden spätestens mit der Rückkehr zu „business as usual“ mit neuen Erfahrungen und Know-how zum ursprünglichen Arbeitgeber zurückkehren.

„Die in der Studie aufgezeigten Zukunftspläne sind nicht neu“, so Tusch, der betont, dass die Hälfte der Befragten länger als zehn Jahre in der Branche ist: „Verlassen solche Kollegen den Sektor, geht obendrein auch noch Know-how verloren, auf das man nicht verzichten kann.“ Dem gegenüber stehe, dass sich 57 Prozent der Arbeitsuchenden innerhalb der Branche in Wien vorstellen können, auch künftig im Tourismus zu arbeiten. „Dieses Potenzial muss genutzt werden“, so der vida-Gewerkschafter. Details zu der Studie findet man hier.

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